Mäßig oder mittelmäßig? Die missverstandene Tugend der Mäßigung. Mit Jan Vermeers Meisterwerk «Frau mit Waage»

Neues Wort zum Sonntag vom 28. April 2024

Liebe Mitglieder, liebe Freunde

🟦 Von der Tugend der Mäßigung, auch Besonnenheit genannt

Der grosse Jan Vermeer hat der Nachwelt nur gerade 37 Bilder vermacht. Eines davon ist die «Frau mit Waage», vielfach gedeutet, trotzdem bis heute rätselhaft. Klar ist nur: die Waage im Bild ist ein Symbol. Aber Symbol wofür? Wir wagen eine Deutung – und entdecken Erstaunliches. Zum Beispiel: Mäßigung ist nicht dasselbe wie Mittelmaß. (Zum Video: Bild unten anklicken.)

🟦 Dank

Einmal mehr: viele Dank allen Spendern, auch in der vergangenen Woche sind wieder grosszügige Spenden bei uns eingegangen. Wir verstehen die Unterstützung auch als Ermutigung für unsere Arbeit. Merci!

Mit den besten Wünschen,

Gottfried Locher und Team

Zum Video: Bild anklicken.

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🎁 Bonusmaterial für Mitglieder

📖 Zum heutigen Bibeltext

“Strebt nicht über das hinaus, was euch zukommt, sondern strebt danach, besonnen zu sein.”

🖼️ Zum heutigen Bild

Das Bild im Grossformat

Wikipedia: Vermeers «Frau mit Waage»

Wikipedia französisch (aussagekräftiger als die deutsche Version)

Wikipedia: Besonnenheit

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Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik über die Tugend der «Mäßigkeit» (gemeint ist Mäßigung)

«Der Mäßige hält in diesen Dingen die Mitte ein. An den Ausschweifungen, die den Unmäßigen zu höchst erfreuen, erfreut er sich nicht, eher ekeln sie ihn; sodann erfreut er sich an unerlaubten Dingen überhaupt nicht und an erlaubten nicht übermäßig. Ihre Abwesenheit schmerzt ihn und nach ihrem Genüsse verlangt ihn nur mäßig, nicht mehr als recht ist, noch zur unrechten Zeit, noch sonst in ungehöriger Weise. Jenes Lustbringende, das zur Gesundheit oder zum Wohlbefinden gehört, begehrt er mit Maß und wie es recht ist, ebenso was sonst noch angenehm ist, soweit es nicht diesem hinderlich oder ungeziemend ist oder seine Vermögensverhältnisse übersteigt. Wer diese Rücksichten hintansetzt, liebt solche Genüsse mehr als schicklich, der Mäßige aber ist nicht so, sondern wie die rechte Vernunft es vorschreibt.»

Thomas von Aquin über die Tugend der «temperantia»

«Das Begehren des Menschen wird am meisten verderbt durch das, wodurch der Mensch angelockt wird, um von der Regel der Vernunft abzuweichen. Und wie der Name „Mäßigkeit“ gemäß seiner allgemeinem Bezeichnung genommen werden kann und gemäß seiner beschränkten Bezeichnung, so kann dies auch mit dem Ausdrucke Unverderbtheit, Unversehrtheit geschehen. II. Worauf die Mäßigkeit sich richtet, das lockt deshalb den Menschen im höchsten Grade an, weil es zur Natur des Menschen gehört. Und deshalb wird die Seelenruhe in besonderer Weise der Mäßigkeit zugeschrieben;»

Aus dem Katechismus der Katholischen Kirche (2003):

«1809 Die Mäßigung ist jene sittliche Tugend, welche die Neigung zu verschiedenen Vergnügungen zügelt und im Gebrauch geschaffener Güter das rechte Maß einhalten läßt. Sie sichert die Herrschaft des Willens über die Triebe und läßt die Begierden die Grenzen des Ehrbaren nicht überschreiten. Der maßvolle Mensch richtet sein sinnliches Strebevermögen auf das Gute, bewahrt ein gesundes Unterscheidungsvermögen und richtet sich nach dem Wort: “Folg nicht deinem Herzen und deinen Augen, um nach dem Begehren deiner Seele zu leben” (Sir 5,2) [Vgl. Sir 37,27-31]. Die Tugend des Maßhaltens wird im Alten Testament oft gelobt: “FoIg nicht deinen Begierden, von deinen Gelüsten halte dich fern!” (Sir 18,30). Im Neuen Testament wird sie “Besonnenheit” oder “Nüchternheit” genannt. Wir sollen “besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben” (Tit 2,12)”.»

🎶 Musik für einen Kaffee am Sonntagmorgen

Mozart – Flute Concerto No. 1 in G major (K. 313) By Emmanuel Pahud soloist

😁 …zu guter Letzt

Der Film: «THE LAST VERMEER» – Trailer