Liebe Sonntagswortgemeinde,
«Haben wir eigentlich eine Seele?» Das war unser Thema im letzten Wort zum Sonntag. Offenbar hat das Thema einiges ausgelöst, darum heute Teil 2. Die Zusatzfrage lautet: «Steckt die Seele vielleicht im Unbewussten?» Sigmund Freud, der berühmteste Psychiater aller Zeiten gibt Auskunft. Und wir fragen kritisch zurück, ob das Christentum noch etwas anderes zu sagen hat als die Psychiatrie.
Eventuell empfiehlt es sich, das erste Video zum Thema «Seele» noch einmal anzuschauen. Die dort vorgeschlagene Unterscheidung von «Geist» und «Seele» hilft beim Verständnis dessen, was im Teil 2 behandelt wird. Aber man versteht das heutige Video auch sonst.
Das Video
Sind Sie Weltwoche-Leserin oder -Leser? Dann danken wir Ihnen für Ihre unterstützenden «Klicks» auf 👍 bei den Videos im Blog. Merci für Ihre Mühe!) Und nun viel Vergnügen mit dem neuen Wort zum Sonntag:
Bonusmaterial
Sigmund Freud und die Seele
Sigmund Freud (1856-1939) war ein ausgesprochen kreativer Geist (und ein passionierter Zigarrenraucher, letzteres mir tragischen Folgen). Er verfasste vor einem Jahrhundert bahnbrechende Studien zur Struktur der menschlichen Psyche. Einige seiner Erkenntnisse gelten mittlerweile als überholt, anderes aber scheint nach wie vor Gültigkeit zu besitzen. Für unsere Frage («Haben wir eigentlich eine Seele?») ist insbesondere sein sogenannten Drei-Instanzen-Modell von Bedeutung.
Freud unterscheidet hier zwischen «Es», «Ich» und «Über-Ich». Das «Es» verkörpert unser Unbewusstes. Könnte man das nicht auch «Seele» nennen?
«Es ist der dunkle, unzugängliche Teil unserer Persönlichkeit; das wenige, was wir von ihm wissen, haben wir durch das Studium der Traumarbeit und der neurotischen Symptombildung erfahren und das meiste davon hat negativen Charakter, läßt sich nur als Gegensatz zum Ich beschreiben. Wir nähern uns dem Es mit Vergleichen, nennen es ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen.»
Sigmund Freud, Neue Folge der Vorlesungen, 1944, S. 80.
Freud beschreibt die Seele ausserdem in drei Schichten. Auf den Punkt gebracht, lässt sich Freuds Forschung vielleicht so zusammenfassen: Die Seele gehört nicht mir.
Psalm 103
«Lobe den Herrn, meine Seele, und alles, was in mir ist.» Nicht alles, was es über die Seele zu sagen gibt, lernen wir in der Psychoanalyse. Der Psalm 103 ist weit über 2000 Jahre alt. Seine «Wahrheit» klingt anders, aber sie hat einen Anknüfungspunkt an Freuds Forschung: Das «ES» ist in gewissem Sinne «alles, was in mir ist». Hier ist der ganze Text schriftlich. Und hier ist der Text gesprochen. Und hier eine gesungene Interpretation des Schweizer Komponisten Markus Geissbühler. Ideal als Sonntag-Morgen-Musik… viel Vergnügen und schönen Sonntag!
Gottfried Locher & Team